Diese Projektskizzen sind Dokumente der „zeitgenössischen“ Melancholie. Melancholie ist ein derart passiver und verklärter Zustand der sich äußerst lähmend auf das gesamte Bewusstsein auswirken kann. Also ist die Melancholie durchaus mit einer zerstörerischen Kraft zu betiteln. In Bezug zur Bildenden Kunst ist die Darstellung der Melancholie und des Melancholischen oftmals auf die innere Schwermut in die Außenwelt projiziert. Dies kann die Verortung des Selbst in einer Landschaft sein, in einem Zimmer, in einem allegorischen oder symbolischen Raum. Im 16. Jahrhundert prägt Dürers rätselhafter Holzschnitt Melencolia I das allegorische Inventar der Melancholie-Darstellung für viele folgende Epochen. In Vanitas-Darstellungen wird die Leblosigkeit der Objekte als Fehlen menschlicher Gemeinschaft betont. Neben dem melancholischen Einklang der Seele mit einer Landschaft, insbesondere in der Romantik, finden sich viele weite Räume und Landschaften, oft auch eine merkwürdig ziellose oder verschobene Perspektive, ob bei Lucas Cranach dem Älteren, Edvard Munch oder Giorgio de Chirico.
Wann trat dieses erste melancholische, gesellschaftliche Phänomen massenhaft in Erscheinung? Mit Sicherheit nach den Kriegen und ganz sicherlich während der Kriege, in dieser fotodokumentarischen Recherche ist es die Zeitspanne von 1940 – 1960. Die Bildmotive zeigen sowohl bedeutende als auch weniger bedeutende Ereignisse und Zustände einer vergangenen Zeit. Diese vergangene Zeit wird unter bestimmten Umständen für eine ganze Ewigkeit gültig als Geschichtsdokument überliefert.
Doch im Prinzip sagen diese Fotos nicht viel mehr aus, als wenn man ein zeitaktuelles Foto mit selbigen ähnlichen Bildmotiv betrachtet. Erkennbar bleibt nur das Dargestellte, weniger die äußeren, damaligen Zustände unter denen diese Bilder aufgenommen wurden. Also ist im Prinzip jedes Bild unter einem „neuen“ Betrachtungsmodus zu analysieren, da die Bildanalyse bzw. allgemein die Bildgeschichte sich immer in technologischer und dialektischer Hinsicht weiterentwickelt.
Mich interessieren in den Bildkompositionen die geschichtlichen Zusammenhänge und deren Interpretationsmöglichkeiten, erst die Verfremdung der Motive lässt neue Vermutungen wirklich zu und denkbar werden. Ich nutze das computergestützte Medium um eine Art von neuer Erkennbarkeit zu erzeugen, dabei spielen die zusammenhängenden Faktoren der Bilddarstellungen eine wesentliche Rolle. Hauptschwerpunkt bleibt die malerische Umsetzung, dabei dienen diese Skizzen nur als eine Vorstudie oder als eine analytische Prozedur. Das malerische Werk ist das metaphorische Hauptwerk zu diesem Themenspektrum – melancholia 2010.